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II. ARTEN

PISUM

Bei der Erbse unterscheiden Systematiker wenigstens 7 Arten (Pisum arvense, P. elatius, P. abyssincum, P. humile, P. fulvum, P. jomardi, P. sativum, manchmal noch P. trunscaucasicum, P. cinereum, P. tibitanicum und andere). Da jedoch alle diese Arten miteinander kreuzbar sind und fruchtbare Nachkommen hervorbringen können, bezeichnen die meisten Genetiker Pisum als eine monospezifische Gattung (Lamprecht 1966, 1974; Blixt 1972; Blixt und Gottschalk 1975; Marx 1977; Wolff 1980; Murfet 1985.)

Ich selbst habe Pisum sativum mit P. arvense und P. abyssinicum gekreuzt und fruchtbare Nachkommen erhalten. Genetisch handelt es sich bei Pisum um eine einzige Art (die bislang ausführlichste Diskussion zur Artfrage bei Pisum findet sich bei Lamprecht 1974, pp. 566 - 597.)

 

XIPHOPHORUS

Prof. F. Anders berichtet (1981, p. 248) (auch persönliche Mitteilung 1987):

Die Gattung Xiphophorus ist mit 17 Arten in zahllosen geographisch isolierten Populationen in den fließenden und stehenden Gewässern Zentralamerikas verbreitet. In der Natur ist eine Verbastardierung verschiedener Arten ausgeschlossen. Im Laboratorium sind sie alle kreuzbar mit fertilen Nachkommen; die Meiose ist ungestört; die Satelliten-DNA stimmt überein.

Schwab unterstreicht diesen Gedanken 1982, p. 410

Xiphophorus represents a genus of teleost fish of which according to Rosen (1979) 16 species are known. All of them can be mated to each other to yield fully fertile hybrids that in turn give rise to viable offspring.

Genetisch betrachtet handelt es sich bei diesen 16 bis 17 Spezies der Gattung Xiphophorus um eine einzige Art. Ohne jedoch die genetische Frage zu stellen, schrieb Mayr zur Xiphophorus maculatus - 'Artengruppe' (1967, p.387):

Wir haben also hier eine Reihe von verwandten allopatrischen Populationen, die jede Stufe von der lokalen genetischen Rasse über die gewöhnliche Unterart bis zur beinahe spezifisch distinkten Subspecies (xiphidium) und weiter zu der vollen Art (couchianus) zeigen.

- und liefert uns damit ein Musterbeispiel für den Gebrauch des noch ausführlich zu besprechenden morphologischen Artbegriffs.

 

CORTADERIA (GRAMINEAE)

Connor stellt fest, dass es sich bei Cortaderia um eine Gattung mit etwa 25 Arten handelt. Über die Kreuzbarkeit dieser Arten schreibt er 1983, p.400:

The first point to emerge from this study is that interspecific F1 hybrids are easily made. Among the New Zealand decaploid species there are no evident physiological barriers to genetic exchange.

Und schon auf der Seite 396 betont der Verfasser:

F1 hybrids were easily produced even where there were different levels of ploidy, as for example in decaploid C. toetoe pollinated with octoploid C. selloana.

Nach dem Kriterium der Kreuzbarkeit dürften sich die 25 Arten dieser Gattung auf wenige Arten (unter weiteren Voraussetzungen, die später noch besprochen werden sollen, sogar auf eine einzige Art) reduzieren.

 

NYMPHAEA

Gupta berichtet 1980, p. 307:

The genus Nymphaea comprises about 40 species and numerous forms (van Royen 1962). In addition to many natural hybrids, a large number of artificially raised varieties (Grey 1900, Ames 1900, Nutt 1967) have been increasing the list of nymphaeas.

Nach Hinweis auf Polyploidie-Studien (2 n bis 16 n sind anzutreffen, n= 14), stellt der Autor fest (p.312):

One of the most significant feature of evolution in the genus Nymphaea is the weak development of isolating mechanisms. Most of its basal species hybridize freely among themselves naturally or by artificial means and thus swelling the list of nymphaeas as pointed out by Bhaduri and Desai (1962).

Solange Systematiker genetische Rekombinanten als Arten beschreiben, dürfte sich die Liste der Nymphaea-Arten noch weiter verlängern (ich erinnere an Mayrs Hinweis auf die 2.250 beschriebenen und weiter an die in die Hunderttausende gehenden noch zu beschreibenden Milbenarten). Zur Veranschaulichung sei auf einige Möglichkeiten der Rekombinantenbildung nach der 3. Mendelschen Regel hingewiesen:

Mit nur 10 heterozygoten Genpaaren* (die sich in der Mehrzahl der Fälle dominant-rezessiv auswirken) kann man bereits 1.024 verschiedene homozygote Rekombinanten erhalten,

mit 15

32.768

verschiedene homozygote Rekombinanten

mit 20

1.048.576

verschiedene homozygote Rekombinanten

mit 25

33.554.432

verschiedene homozygote Rekombinanten

mit 30

1.073.741.824

verschiedene homozygote Rekombinanten

Wir wollen später auf die Bedeutung dieses Gesetzes für die Artbildungsfrage zurückkommen.

___________

*Vgl. die zweite Fußnote zum Gesetz der rekurrenten Variation.


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