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Wolf-Ekkehard Lönnig

WISSENSCHAFTLICHE INTERESSEN UND AKTIVITÄTEN

Stichwörter: Ursprung des Lebens, Ursprung der Arten, Artbegriffe, Mutationen, Transposons, Möglichkeiten und Grenzen der Variation innerhalb der Arten, Antirrhinum, Scrophulariaceen, Gene-Tagging, Morphogenese der Blüte, Blüten- und Infloreszenzgene, Systematik, Homologiebegriffe, Pisum, Heterosis, Autogamie, Paläontologie und Abstammungslehre, Selektionstheorie, "Biogenetisches Grundgesetz", Tier- und Pflanzengeographie, Geschichte der Genetik, Geschichte der Evolutionstheorie.

Hauptpunkte meiner wissenschaftlichen Interessen und Aktivitäten von 1965 bis heute: Seit meiner Studienzeit im Sommersemester 1965 setze ich mich systematisch-kritisch mit Theorien zur Entstehung des Lebens und der Arten auseinander (die Ursprungsfrage ist gewissermaßen mein Leitmotiv für alle theoretischen und experimentellen wissenschaftlichen Studien). Da die Antworten auf diese Fragen bis auf den heutigen Tag ungeheuer divergieren und die sich widersprechenden biologischen Schulen ihre Theorien nicht nur mit dem Anspruch auf (ergänzend-komplementäre) Richtigkeit, sondern oft sogar mit dem Absolutheitsanspruch auf ausschließliche Richtigkeit vertreten, - studiere, prüfe und vergleiche ich seit mehr als 35 Jahren die verschiedensten Behauptungen mit dem Ziel, den jeweiligen Wahrheitsgehalt der zur Untersuchung stehenden Hypothesen zu ermitteln.

Wie meine Literaturliste zeigt, führte dieses Interesse zunächst zu den Themen der beiden Staatsexamensarbeiten (1971: "Ursprung und Entwicklung des Pflanzenreichs im Spiegel älterer und moderner Auffassungen..." und 1974: "Paläontologie und Abstammungsidee...") und 1975 weiter zu Archaeopteryx und 1976 zu der Frage nach der Entstehung des Auges. Nach einigen Jahren im Schuldienst in Stuttgart begann ich im Juni 1978 am Genetischen Institut der Universität Bonn mit der experimentalgenetischen (Promotions-) Arbeit zum Thema Heterosis bei Pisum sativum, die die bisherige Heterozygotie-Hypothese für mehrere bekannte Heterosis-Fälle bei Pisum widerlegten und die Dominanzhypothese bestätigten (vgl. insbesondere die 10. Arbeit des Literaturverzeichnisses). Für mich war der Leitgedanke bei diesen Untersuchungen (wieder) die Frage nach der Richtigkeit des Neodarwinismus. Man muss dazu wissen, dass Heterosis aufgrund von Heterozygotie zu den Schlüsselbegriffen der Synthetischen Evolutionstheorie gehört. Die durch diese experimentalgenetische Arbeit korrigierten Fälle waren zuvor als Beispiele monogener Heterosis im Pflanzenreich in ein Lehrbuch der Genetik eingegangen und wurden in der nächsten Auflage wieder entfernt.

Ein für die Mutationsforschung kritischer (aber in der Pisumgenetik weitgehend unbeachteter) Punkt war die Fremdbefruchtungsrate bei autogamen Pflanzen. Meine Befunde, dass bei Pisum um die 30 Prozent der Pflanzen und zwischen 1 und 2 Prozent der Samen "Kontaminationen" aufgrund von Fremdbestäubungen enthielten, empfand der Herausgeber des Pisum Newsletter als so unglaublich hoch, dass er die Ergebnisse erst nach Einsicht in die Originalaufzeichnungen und -protokolle publizierte. Die Ergebnisse wurden in den folgenden Jahren unter verschiedenen ökologischen Bedingungen weiter bestätigt (vgl. Pisum Newsletter 1984, 1985; Naturwissenschaften 1984). Die Beobachtungen zeigten, dass ein Teil der als (neue) Mutanten beschriebenen erblichen Abweichungen auf Kontaminationen zurückzuführen waren. Diese Arbeiten führten u.a. auch zur Wiederentdeckung der Nektarien und 'Bestäuber' bei Pisum (vgl. Pisum Newsletter 1985). Im Sinne der anfangs erwähnten Leitidee habe ich mich auch immer wieder mit der Frage nach natürlichen Mutagenen beschäftigt, was u.a. zur Mutagenitätsprüfung von Antibiotika führte (Pisum Newsletter 1985, 1987).

Seit Mitte der 80er Jahre arbeite ich experimentalgenetisch schwerpunktmäßig über Transposons bei Antirrhinum majus am MPI in Köln (Transposontagging, Transposon-Mutagenese). Um die Ursprungsfrage im Detail angehen zu können, ist die genaue Kenntnis der genetischen-molekularen Grundlagen unerlässlich, so dass die Frage nach den Regulator- und Targetgenen der Blütenstrukturen bei Angiospermen ein aufschlussreiches Thema war und ist. Sowohl "targeted" als auch "nontargeted Transposon-Tagging" sowie "Transposon-Trapping" waren bei homöotischen Genen, die an der Morphogenese der Blütenorgane von Antirrhinum beteiligt sind, in mehreren Fällen erfolgreich (siehe Literatur 27. bis 29. und 35. bis 37, sowie 40.). Im Sinne meines Leitmotivs sei weiter festgestellt, dass die Meinungen zur Frage nach der Bedeutung der Transposons für den Ursprung der Lebensformen sehr deutlich divergieren (Details Kunze, Saedler, Lönnig 1997, vgl. Literaturverzeichnis Nr. 44), und die Frage nach der Qualität der transposonverursachten erblichen Abweichungen beschäftigt mich bis heute. Weiter gehört die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen der Variation in der Infloreszenzmorphologie bei Antirrhinum im Vergleich zu anderen Scrophulariaceen zu meinen experimentalgenetischen Schwerpunktthemen. Die Untersuchungen wurden bisher an mehr als 1 Million (einzeln pikierten) Antirrhinum-Pflanzen durchgeführt.

Neben diesen experimentalgenetischen Arbeiten habe ich mehrere kleinere theoretische Arbeiten (Lit. 28., 32. bis 34., 39., 42/52.) und eine größere Arbeit (Lit. 24. und 38.) publizieren können. Lassen sich die Mutationsphänomene in einer Gesetzmäßigkeit zusammenfassen? (Lit. 42/52) Ist der Absolutheitsanspruch des Neodarwinismus gerechtfertigt? (Lit. 32. bis 34. und 42. z. T. auch 44, und weiter 50. und 51.) Ist ein biologisch objektiver Artbegriff möglich? (Lit. 24. und 38.) Wie verhält es sich mit der Homologie der Blütenorgane? Ist die seit Goethe zum Lehrsatz erhobene Behauptung "alles ist Blatt" im Zeitalter der Molekulargenetik noch zutreffend? (Lit. 39.) Seit etwa 1971 gehört auch der Homologiebegriff zu meinen besonderen Interessen, zumal er aufgrund der neusten Ergebnisse aus der molekularen Entwicklungsgenetik jetzt völlig neue Aufgaben bietet. - Zu historischen, jedoch immer in Verbindung mit aktuellen Fragen des Ursprungs der Lebensformen, vgl.. Lit. 57. und 58.


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