voriges Kapitel - zum Inhaltsverzeichnis - nächstes Kapitel

Schlußbemerkungen zum Anhang I

Sinn des Anhangs ist es, anhand einiger Tatsachen und Überlegungen den - im klaren Gegensatz zur herrschenden Evolutionstheorie stehenden - Gedanken näher zu begründen, daß die Schlußfolgerung Mendels und von Gärtners, "dass der Spezies feste Grenzen gesteckt sind, über welche hinaus sie sich nicht zu ändern vermag" keineswegs nur noch von historischem Interesse ist, - daß vielmehr beide Forscher und Autoren auf dem richtigen Wege waren. Ich habe die Frage der Möglichkeiten und Grenzen der Variabilität durch Mutationen und Transposons sowie die Frage nach dem Artbegriff und dem Ursprung der Arten in mehreren Publikationen ausführlich weiter diskutiert (vgl. Lönnig: Literaturverzeichnis). 

"Interesse, Faszination und Forschung zum Thema DNA-Instabilitäten sollten niemanden davon abhalten, sich wieder einmal die experimentell über Jahrzehnte beobachtete und bestens abgesicherte Stabilität von DNA-Sequenzen bewußt zu machen. Kaudewitz (Genetik, 1983, pp. 111/112) hat diesen Punkt sehr schön wie folgt veranschaulicht:  

Setzen wir das einzelne Mononukleotidpaar als kleinste Informationseinheit der DNA, dem Buchstaben eines ebenfalls informationsspeichernden Druckwerkes gleich, dann ergeben sich folgende Zahlenwerte: Die DNA der Escherichia coli-Zelle ist aus rd. 4 x 106, also 4 Millionen aneinandergereiten Mononukleotidpaaren aufgebaut, die Seite eines Buches enthält rd. 1500, also 1,5 x 103 Buchstaben. Diese Zahl müssen wir mit rd. 2,7 x 103, also 2700 multiplizieren, um 4 x 106 zu erhalten. 2700 wäre damit die Anzahl der benötigten Buchseiten. Sie ergäbe 5 stattliche Bände von je 540 Seiten. In unserem Vergleich würden sie die genetische Information einer Bakterienzelle enthalten. Beeindruckend ist dabei der verschwindend geringe Raumbedarf, der benötigt wird, um den Informationsgehalt dieser voluminösen Bände in der lebenden Zelle in Gestalt einer Mononukleotidsequenz unterzubringen. Das dazu benötigte DNA-Molekül besitzt eine Länge von 1,36 mm, bei einer Dicke von 2 Millionstel mm. Von dieser Abschätzung ausgehend ergibt sich eine beeindruckende Aussage über die Stabilität der DNA. Bei einer mittleren Mutationsrate für ein durchschnittliches Gen von 10-8 und 3 x 103 als der Anzahl der Gene je Zelle ergibt sich 3,3 x 104 als Anzahl der Zellen, unter denen eine einzige eine beliebige Mutation aufweist. Diese hat eines der 1,3 x 1011 Mononukleotidpaare (3,3 x 104 multipliziert mit 4 x 106 als der Anzahl der Mononukleotidpaare je Zelle) verändert. Nach obigen Angaben den Buchstaben in Büchern mit je 8,1 x 105 (=1,5 x 103 x 5,4 x102) Buchstaben je Band gleichgesetzt, ergeben das 1,6 x 105 = 160000 Bände. In einem dürfte sich nur ein einziger Druckfehler als Analogon eben dieser Mutation finden" (Hervorhebung im Schriftbild von mir).

(Vgl. Artbegriff 1993, pp. 543/544; inzwischen ist das Genom von E. coli vollständig sequenziert worden: "4,639,221 base pairs" für 4288 Gene; vgl. Science 277, p. 1432 (5. Sept. 1997); wenn auch entsprechend umzurechnen ist, so bleibt doch das Prinzip unverändert.) - Da die Mutationen zum größten Teil Funktionsstörungen beinhalten und zu einem geringeren Teil neutral sind - und da überdies der Aufbau völlig neuer funktionaler DNA-Sequenzen (Gene) durch Punkt- und andere Mutationen so gering ist, daß man ihn für die Praxis vergessen kann, - kann sich eine Spezies auch nicht uferlos weiterentwickeln (nicht einmal bei Prokaryonten durch den bei Bakterien durch Plasmide üblichen horizontalen Gentransfer für Resistenzfaktoren etc. - andernfalls dürfte man eine australide Escherichia coli-Zelle mit einer europäischen kaum oder gar nicht mehr identifizieren können).

Mendel (1822-1884) als "Vater der Genetik" setzte mit seiner auf zahlreichen empirischen Daten beruhenden Schlußfolgerung, dass der Species feste Grenzen gesetzt sind, eine 'Tradition' fort, die von praktisch allen Begründern der modernen Biologie wie John Ray (1627-1705), Linné (1707-1778), Buffon (1707-1788), Cuvier (1769-1832), A. von Humboldt (1769-1859), von Baer (1792-1876), Johannes Müller (1801-1858), Agassiz (1807-1873), Pasteur (1822-1895) mit deren eigenen umfangreichen empirischen Studien begründet und abgesichert worden war. Mit Darwin (1809-1882), Huxley (1825-1895), Haeckel (1834-1919) und der Synthetischen Evolutionstheorie glaubt man heute, diese Schlußfolgerung vollständig widerlegt zu haben.

Das ist jedoch nachweislich nicht der Fall!  Ich möchte dabei nachdrücklich betonen, daß die hier im Anhang aufgeführten Punkte nur die Spitze eines Eisbergs von zahlreichen weiteren biologischen Tatsachen und Argumenten gegen die Synthetische Evolutionstheorie bilden - oder besser: nur einen kleinen Teil der Spitze eines Eisbergs (über die bisher gegebenen Literaturhinweise hinaus findet der interessierte Leser einen guten Überblick in dem Werk von R. Junker und S. Scherer (1998): Evolution - Ein kritisches Lehrbuch. Weyel Lehrmittel Verlag, Gießen).

Von Seiten der Synthetischen Evolutionstheorie neigt man noch immer dazu, die gegen die Theorie erhobenen Einwände weitgehend zu ignorieren. Wird die neodarwinistische Auffassung jedoch zum Dogma, dann verbaut man sich nicht nur den Weg zum realhistorisch wahren Verständnis des Ursprungs der Arten, sondern bewertet auch zahlreiche naturwissenschaftliche Phänomene und Gesetzmäßigkeiten falsch und behindert damit den Fortschritt der Naturwissenschaften. Die Ablehnung bzw. die um Jahrzehnte verzögerte Anerkennung der Mendelschen Gesetze sind dafür ein Musterbeispiel, ein anderes die 'Erfindung' des "Biogenetischen Grundgesetzes" durch Haeckel (siehe oben die Ausführungen zur Embryologie, Morphologie und Paläontologie). Wohin weiter die Übertragung eines nicht zutreffenden Naturverständnisses auf den Menschen geführt hat, habe ich schon in der Einleitung und im Eugenik-Kapitel erwähnt.

Wenn es mir gelungen ist, mit den oben aufgeführten Daten das Interesse des Lesers zu einer gründlich-kritischen Untersuchung der Ursprungssfrage anzuregen, bzw.das vorhandene Interesse weiter zu vertiefen, dann hat die Arbeit auch ihren zukünftigen historischen Zweck erfüllt.

 


voriges Kapitel - zum Inhaltsverzeichnis - nächstes Kapitel
Internet address of this document: internetlibrary.html
© 1998, 1999, 2000, 2001 by Wolf-Ekkehard Lönnig - loennig@mpiz-koeln.mpg.de